Segeltörn in Holland
Unterwegs mit dem Schiff im Wattenmeer
Vom 27. Juli bis 4. Juli waren Jugendliche, junge Erwachsene auf der ‹Ortolan› an der holländischen Küste unterwegs. Die Seele baumeln lassen und die Ferien geniessen. Aber auch segeln als Crew auf einem 180t Schiff, einem zweimastigen Klipper mit Jahrgang 1897.
Die Reise begann in Baden/Basel am Bahnhof. Treffpunkt am Gleis 3, wo der Nachtzug der ÖBB hielt und drei 6er Kabinen für uns reserviert waren. Im Rüttelzug durch die Nacht bis Amsterdam. Die Wagen hatten die Nostalgie der 70er Jahre. So alt waren tatsächlich die Wagen.
Ziel war Enkhuizen Hafen am Ijsselmeer. An Board ging die Gruppe kurz vor Mittag, wo uns der Skipper mitsamt der Familie begrüsste. Zimmer beziehen und wie es sich gehört, Proviant besorgen für die kommenden Tage. Nein, Zitronen und Limetten brauchten wir keine. Skorbut ist Geschichte. Heute kauft man bequem alles Lebensnotwendige im Supermarkt gleich hinter der Hafenkneipe und bezahlt mit der Karte/Smartphone.
Das Ijsselmeer ist das Süsswassermeer in Holland, das durch einen Damm vom Wattenmeer getrennt ist. Trotzdem wehte ein ständiger Wind aus NW, der die Segel füllte und uns in Richtung Stavoren drückte. Wie es sich auf einem Schiff gehört, gab der Kapitän eine Einweisung an ‹seine› Mannschaft, wer was zu tun hat. Es ging auch gleich zur Sache. Backbord, Steuerbord, Bug, Heck sind noch die geläufigen Begriffe. Besan, Klüver und Fock und Schoten weniger geläufig. Kreuzen, Fieren, Halsen, Wenden sind dann die Manöver, die man dann vollzieht. Am Ende der Woche waren wir ein eingespieltes Team. Jeder/jede wusste, wo er oder sie anpacken musste – gemeinsam.
Stavoren war unsere erste Anlegestation. Immer noch auf dem Ijsselmeer. Wir lernten, dass es im Süsswassermeer keine Gezeiten gibt. Das änderte sich am folgenden Tag. Wir durchquerten die Schleuse und kreuzten fortan im Wattenmeer. Nach Harlingen, immer noch auf dem Festland. Ebbe/Flut ist nun wichtig beim Ab- und Anlegen. Die Häfen sind durch Schleusen gesichert und man muss den Zeitpunkt abwarten, bis das Meer und das Hafenbecken ausgeglichen sind.
Die Überfahrt zur friesischen Insel Terschelling dauerte an, weil der Wind immer noch aus NW kam und wir an dem Tag 25 Wendemanöver vollziehen mussten. Das ging ganz schön in die Arme und den Oberkörper, wenn die Segel eingezogen und gefiert wurden. Die Gischt spritzte über die Reeling und der Himmel öffnete immer wieder seine Schleusen und es regnete. Der Skipper meinte nur locker: Harmlos, das Wetter in Friesland.
Wir gönnten uns einen freien Tag auf Terschelling. Velofahren ist in Holland Alltag. E-Bikes gab es zu mieten. So erkundeten wir die Insel. Strände, Vogelschutzgebiete, Dünen. Kulinarisch durfte das friesische Fischgericht ‹Kibbeling› nicht fehlen. Wir kennen es in der Schweiz als Fischknusperli, gebacken-fritiert. Oder wie es unser William aus England meinte: Ordinary Fish&Chips!
Die Routenplanung ist beim Segeln immer flexibel. Wind, Wetter und die Gezeiten geben vor, wo es lang geht. Der Wind drehte ein wenig und kam aus Nordost. Wir segelten also mit dem Wind, wenig kreuzen oder halsen. Aber eine steife Brise mit gelegentlichen breiten Regenschauern über das Meer. Wir zogen das gemütliche Ijsselmeer vor und segelten hinter dem Damm. Viele Windparks stehen in den Gewässern, durch die man auch segeln darf. Eine imposante technische Infrastruktur.
Makkum und Medemblik waren weitere Häfen, wo wir anlegten und nächtigten. In Medemblik gab’s sogar ein Hafenfest mit Konzertbühne und einem Feuerwerk. Unsere 1. August Feier holten wir so nach.
Essen und Leben will im Unterdeck gelernt sein. Es sind enge Verhältnisse. Besonders in der Kombüse kann die Zubereitung eine Herausforderung sein. Die täglichen Teams haben sich überboten. Burger vom Grill über Gemüsedips und das Birchermüesli am Zmorge gab’s auch durchaus besondere Gerichte wie Sushi und Couscous. Wer segelt, muss auch Essen!
Junge Erwachsene und Jugendliche auf einem Schiff. Tagsüber an Bord aber auch abends gab es viel Zeit zusammen. Michel, unser Praktikant ist ein begnadeter Spieler und brachte uns Spiele aus aller Welt bei, die kaum jemand kannte. Es blieb auch Zeit für Gespräche. Interessante Begegnungen, generationsübergreifend. Junge Leute, die in den Beruf einsteigen und erste Erfahrungen sammeln. Generation Z. Demgegenüber unsere junggebliebenen Pensionäre Judith und Friedrich, die ein Berufsleben hinter sich haben. Auf einem Schiff wächst man zusammen.
Schnell war die Woche um. Am Sonntag 3. August machten wir das Schiff wieder sauber und verliessen Enkhuizen in Richtung Amsterdam. Nach einem kurzer Aufenthalt rund um den Bahnhof Centraal bestiegen wir den Nachtzug nach Basel. Jorge der Zugbegleiter ermahnte uns mit freundlicher aber bestimmter Stimme, dass wir früh aufstehen mussten. Das Frühstück kam bereits um 4:30 Uhr auf die Kabinen. In Basel kamen wir um 6:20 Uhr am Montagmorgen an. Auf dem Weg nach Baden verabschiedeten wir uns nach und nach. Bei einigen ging der Montagmorgen nahtlos über in den Arbeitsalltag. Erster Arbeitstag beim neuen Arbeitgeber. Pünktlich um 9:00 Uhr.
Text/Bild: Igor Simonides